Skippergedanken: Die Yacht als Spielgerät für eine ganze Familie

Familientörns haben einen eigenen Charme, weil sie viele Facetten aufweisen und den Familien Impulse durch gemeinsame Erfahrungen geben.

Sorgfältig ausgesucht sind die für Familientörns geeigneten Reviere, denn sie sollen in abgeschirmten Gewässern sein, wo sich erfahrungsgemäß auch bei Wind vergleichsweise wenig Welle aufbaut, so dass es nicht zu schaukelig wird.

In solchen Revieren macht es mir als Skipper Freude, wenn ich die Vielfalt und die Lebendigkeit der Familien aufnehmen kann. Mit Einverständnis der Eltern beziehe ich die Kinder und Jugendlichen von Anfang an mit in das Geschehen ein und behandle sie bei altersgerechter Ansprache als vollwertige Crewmitglieder. So integriert erleben sie mit den Erwachsenen häufig ein neues Wir-Gefühl in der Familie, weil sie erkennen, wie jeder einen wertvollen Beitrag für das Leben an Bord leistet.

Gerne gehe ich in den Möglichkeiten der gebotenen Sicherheit auf alle Teilnehmer und deren Interessen ein und führe hin zu neuen Eindrücken: Die Natur ungefiltert erleben, den Windes auf der Haut spüren, getragen werden vom Rhythmus des Schiffes, das unermüdlich durch die Wellen schneidet, den Himmel mit seinen vielfältigen Wolkenbänken bis an den Horizont überblicken bis in der Ferne die Umrisse des Tageszieles im Dunst erscheinen, auf dem Vordeck unter den geblähten Segeln den eigenen Gedanken nachhängen, ein Lieblingsbuch lesen; das alles ist erfahrene Eindrücklichkeit von Weite und Raum.

Doch die Yacht kann auch für umtriebigen Spaß genutzt werden. Besonders Jungs schätzen die Aussicht vom Mast, der so hoch sein kann wie ein Dorfkirchturm. Oft habe ich schon den Großbaum zum Sprungbalken umgebaut, so dass auch der Papa seine Freude hatte, sich mit dem Nachwuchs ungestüm auszutoben. Mit dem eleganten Köpfer vom Bugkorb in Richtung Ankerkette springen, mit der Taucherbrille das Eingraben des Ankers kontrollieren, unter der Yacht durchtauchen, vom Heck den Salto rückwärts üben, zu versuchen, einen Schiffbrüchigen zu bergen … es gibt ja so viele Möglichkeiten für Impulsive … Vor Anker liegend kann man der Jugend gestatten, auf eigne Faust die Bucht zu erkunden, an Land zu gehen, Muscheln und Sedimente mitzubringen.

Das trockene Schulwissen aus Geografie, Geschichte, Mathematik lässt sich, Interesse vorausgesetzt, mit einbauen und ergänzen. Die Gezeiten verstehen lernen. In einer ruhigen Nacht am Plätschern hören, ob die Flut einläuft, das  atemberaubende Firmament übersäht mit Sternen erfassen, den einen oder anderen Planeten auf seiner Bahn mit dem Fernglas betrachten, den Nordstern finden, die markanten Sterne Arktur im Rinderhirten, Deneb im Schwan, Wega in der Leier und Altair  im Adler ausmachen können. Mit Freude weise ich in die Grundsätze der Navigation ein, wie mit Dreieckskonstruktionen und Winkelmessung der Schiffsstandort bestimmt wird, was in Seekarten eingezeichnet ist und wie man vorausberechnen kann, wo wir wann ankommen werden. Die Aerodynamik am Segel verstehen, um die Segel richtig zu setzen, eigenhändig Manöver auf See fahren. Ja es gibt so unglaublich viel für Wissbegierige.

Aber auch Geselliges kann reichhaltig ausgebaut werden: einfache Gerichte an Bord kochen, abends in einer Bucht zusammen singen, Mundharmonika spielen, Witze und Geschichten erzählen oder auch mal ganz einfach ausspannen..

Dr. Johannes Binzberger